Mittwoch, 13. Juli 2011

WM-Impressionen: "Es war...

...erfolgreicher als Frauenfußball!"


...trotz widriger Umstände und allgemeinem Träningsrückstand erstaunlich gutes Diäsch und wie immer eine sehr spaßige Veranstaltung!"


Die Diäsch-Crew 2011, mit den Prelkbabys Rafael und Torge,
und dem zuschauenden Fachpublikum Apfkab und Ralle.
Das Grüne ist nicht der Style-Pokal, sondern Torge...


...wie immer."



...schade, dass Apfkab und Fufu nicht mitgespielt haben."



...nicht die kleinste WM aller Zeiten."



...endlich mal 'ne schön entspannte WM, bei der man auch Zeit hatte, sich die guten Matches anzuschauen."



...das Omega zum Alpha?"



...geile Musik am Start."

...'ne runde Sache."

Dienstag, 12. Juli 2011

Zweifelsfrei eine schöne "WM der Zweifel"


Althoff, Poganatz bei der WM 2011
WM I. post Ralphum mortuum (1 pRm): Es war die erste Diäsch-Weltmeisterschaft nach dem Rücktritt des Sechsfach-Siegers Ralle Holtkamp (2005-2010). Und es war die erste WM der Zweifel. Der Sieger war am Ende der, der auch die letzte WM vor der großen Holtkamp-Ära gewonnen hatte: "El Presidente" Poganatz.

Erstklassiges Finale: In einer windigen, technisch auf hohem Niveau ausgetragenen, sehr spannenden Nervenschlacht besiegte er den Weltranglisten-Ersten Hec Althoff mit 21:13, 17:21, 16:21, 21:19, 21:17 - leider vor fast leeren Rängen. "Einerseits war es schon sehr spät", sagte der gut gelaunte Weltmeister, "und andererseits wollen die Leute die Endspiele der alten Weltmeister wohl nicht mehr sehen." Das sei bedauerlich, zumal wirklich gutes Diäsch geboten worden sei. "Vielleicht bin ich ja jetzt der Alpha-Omega-Weltmeister", spielte Poganatz auf den Fakt an, dass er 1990 die erste WM gewonnen hatte - und nun vielleicht die letzte.
Siegesfreude bei der WM 1990


Noch ist der Verband jedoch gespalten. Im Vorfeld der WM gab es nicht nur Stimmen für einen einschneidenden Wandel, sondern ebenso viele Fans der guten, alten Diäsch-WM, wie sie seit 1990 nun schon 21 Mal ausgetragen wurde. Wie es nun weiter geht, will der Verein mit einer Mitglieds-Umfrage klären.

Der Spaß am Sport schien derweil nicht zu fehlen: Neun Teilnehmer hatten sich bei wunderschönem, etwas zu windigen Wetter in der Annette-Arena versammelt. Damit war gleich klar, dass die WM 2011 nicht die kleinste WM aller Zeiten sein würde - die hatte einst mit nur sieben Prelkern stattgefunden.

Old School war Trumpf: Los ging's mit ein paar zünftigen Runden Rundlauf, ganz so, wie der Sport einst entstanden war. Sogar die Idee für ein Rundlauf-Turnier kam auf. Dann eröffnete der scheidende Weltmeister Ralle die WM mit der Diäsch-Hymne "The Challenge - Face it".

In der "Todesgruppe" A gab es gleich die erste Überraschung: Bene Wentrup schied aus - obwohl sein neuer Spielstil teils gut aussah: Er spielte "ohne Führen" mit frisch gespannter Handt, und konnte Poganatz damit sogar beinahe besiegen. (11:13, 10:12). Ebenso erfolgreiches wie schönes Diäsch bot hingegen Günschi Vogelsang, der das Publikum beim 8:11, 11:9, 12:10 gegen den Bundesträner Bodien begeisterte - nur um dann im Viertelfinale sang- und klanglos Kosta Kordalis den Weg ins Halbfinale frei zu machen. Erstmalig für Kordalis!

Stürmte erstmals auf Platz 4: Kosta Kordalis
Halbfinale mit Nachwuchssorgen: Althoff / Kordalis 21:9, 21:15

Glücklos blieb Möhli: Der mit gutem Power-Prelken aufspielende Ostfriese scheiterte im Viertelfinale unglücklich am nervenstarken Träner 22:24, 23:21, 10:21.  

Eine Sensation verpasste der Fußmagier Ragnar. Nach einem 21:13 im ersten Satz gegen Althoff brach er im zweiten Satz bei 15:15 ein, und verschenkte mit 17:21, 15:21 die große Überraschung des Turniers. Die Halbfinals boten dann keine großen Überraschungen, so dass am Ende Althoff und Poganatz im WM-Finale standen. Entgegen einer landläufig verbreiteten Meinung übrigens zum ersten Mal seit der WM 1994 (!!!). Damals hatte Althoff in fünf Sätzen die Oscar geholt. "Ich war selbst über alle Maßen erstaunt, wie weit ich im ddv-Archiv dafür zurückblättern musste", sagte Presidente Poganatz nach einer intensiven Recherche.

Gold und Grün als Belohnung gab es am Ende für Poganatz: Das äußerst seltene Double aus Hauptpokal plus Style-Award. "Das ist eigentlich die größere Ehre als der Sieg", fand der neue Weltmeister. Für einen anderen Spieler fühlte es sich hingegen eher an wie "ein A****tritt der Diäsch-Gemeinde zum Abschied". Ralle Holtkamp hatte den Style-Award nämlich trotz aller WM-Siege nie gewonnen. "Dann soll er halt wieder mitprelken", erwiderte Poganatz, "und sich die Oscar mit schönem Diäsch holen - ich bin sicher, dass er das schaffen kann."


LosBenos: Schmettern ohne Führen
Die Platzierungen


1. Presidente Poganatz
2. Hec Althoff
3. Träner Bodien
4. Kosta Kordalis
5. Stefan Möhli
6. Julius Endemann
7. Ragnar Kampmann
8. Günsch Vogelsang
9. Bene Wentrup


Ein alternder Rockstar?
Der Träner wollte es nochmal wissen

Ups... Fußball wurde auch gespielt ...

Mittwoch, 6. Juli 2011

"Jeder muss selbst sehen, wo er bleibt"

Lange vor dem großen Ruhm: Holtkamp 1996

Im großen diäschblog-Interview spricht der Rekord-Weltmeister erstmals über seinen überraschenden Rücktritt. Er sprichtganz offen über seine Stärken und Komplexe. Er erklärt, wie man Weltmeister wird, und warum Diäsch wie die FDP ist. Er schießt gegen Vorstand, Bundestrainer und Fans. Und gibt dann doch zu, dass ein Comeback 2012 zumindest denkbar ist.
 
Noch jung und hungrig: Holtkamp gewinnt 1998 seinen ersten WM-Titel

Diäschblog: Herr Holtkamp, sind Sie der Totengräber des Diäsch?
  Holtkamp: Wie kommen sie darauf?

Nun ja, im Februar sind Sie völlig überraschend zurückgetreten, und kurz darauf ist erstmals eine Weltmeisterschaft verschoben worden, weil es zu wenig Meldungen gab. Sehen Sie da keinen Zusammenhang?

The Dead of Diäsch? Abschied 2011
   Keineswegs. Ich hatte in den vergangenen Jahren eher  nicht den Eindruck, dass die Diäschgemeinde gerne gegen mich antritt. Es freut sich auch keiner (mehr ) mich gewinnen zu sehen, von daher würde ich meine Abstinenz eher als förderlich betrachten.

Was ist mit Apfkab? Haben Sie Ihren Doppel-Partner gleich mit exkommuniziert?

  Da gab es keine Absprachen. Diäsch ist eher Einzelsport da muss jeder selbst sehen wo er bleibt. Außerdem ist Hefners Rücktritt im Gegensatz zu meinem Rücktritt ein Rücktritt vom Rücktritt vom Rücktritt... Diese Rücktrittskubifizierung wird es bei mir voraussichtlich nicht geben. Im Übrigen würde ich meinen Doppeltitel gerne mit Herrn Hefner gemeinsam verteidigen.


"Den Doppeltitel möchte ich verteidigen"

Ihr Rücktritt kam ja ganz unzeremoniell, in einer schwitzigen Umkleide, aus heiterem Himmel. Letzte Eindrücke sind ja häufig prägend - möchten Sie also der Diäsch-Nachwelt wirklich so in Erinnerung bleiben? Warum so viel Selbst-Dekonstruktion? Soll die Diäschjugend nicht mehr zu Ihnen aufschauen können? 
   Was ist so negativ an heruntergekommenen und schwitzigen Umkleiden? Mich erinnern solche Orte an die Anfänge meiner Sportlerkarriere, sowohl beim Diäsch als auch beim Handball. In solchen Umkleiden kann man die Essenz des Sportes im Allgemeinen sogar riechen. Im Übrigen: Welche Diäsch-Jugend?


Welche Rolle spielt die alte Rückenverletzung? Ausschlaggebend oder Neben-Schauplatz?
   Definitiv Nebenschauplatz. Die Erfolge haben geholfen, mir eine gute medizinische Versorgung leisten zu können. Der Rudi (Völler, die Red.) hat mir da ein paar gute Tipps gegeben. Auch wenn die Nachturnierschmerzen nicht nur am Rücken von Jahr zu Jahr schlimmer wurden. Aber das war eher muskulär.

Planen Sie denn noch einen offizielleren Abschied? Eine Ansprache mit großen Worten, ein Goodbye-Match, oder gar ein eigenes, nach Ihnen selbst benanntes Turnier? Oder lassen Sie Ihre Fans einfach so im Regen stehen?

    Ein Turnier mit meinen Namen wäre mir dann doch zuviel der Selbstbeweihräucherung. Bei Nicht-Einzelturnieren werde ich zudem weiterhin präsent sein. Die Oskar für das Lebenswerk können Sie mir also auch mit 70 noch überreichen. Im Übrigen:  Welche Fans?

"Welche Fans? Welche Jugend?"

Für manche waren Sie ja der Lieblingsspieler, für andere der Lieblingsgegner.  Vielleicht macht ja einigen eine WM „ohne Ralle“ deshalb keinen Spaß mehr. Haben Sie das nicht in Betracht gezogen?
Unter Beschuss: Die Diäsch-Funktionäre Althoff, Poganatz
   Jetzt kommen sie schon wieder mit dieser Totengräbergeschichte. Langsam nähren sich Zweifel an ihrer Neutralität. Ich hatte schon früher den Verdacht, dass diese Postille diäschpolitisch sehr vorstandsnah ist. Ihr ständiges "mich verantwortlich machen" ist doch nur ein mittelmäßiger Versuch von Strukturproblemen im Verband abzulenken. 


Wer soll denn nun bloß Weltmeister werden?
   Weltmeister sollte jemand werden, der es bis dato noch nicht war. Denn das würde dem Sport sehr helfen. Ich glaube nur nicht, dass es dazu kommen wird. Insbesondere Poganatz brennt darauf, mir den Titel des Rekordweltmeisters streitig zu machen.
Althoff und Poganatz haben aber durchblicken lassen, atass sie die Oskar unter diesen Umständen eigentlich gar nicht gewinnen wollen – lassen Sie das gelten, oder widerspricht das Ihrer Lesart von Fair Play?
    Das ist doch auch nur ein weiterer zweitklassiger Versuch des Vorstands, mich zu diskreditieren. Mit solchen Aussagen macht man den Sport kaputt und nachher bin ich´s dann gewesen.

"Zweitklassiger Versuch des Vorstands, mich zu diskreditieren"

Ganz nebenbei: Wer ist eigentlich Ihr persönlicher Lieblingsprelker?
   Das ist schwer. Grundsätzlich gefällt mir die offensivere Spielweise á la Poganatz, Bodien und Wentrup besser. Mir imponiert aber auch die Stetigkeit  eines Möhlmann oder der eigenwillige Stil von Seidel.

Was ist denn nun der wahre Grund für Ihren Rücktritt? Haben Sie den Spaß verloren am Diäsch? Oder am Gewinnen?
    Es ist mehr eine  geistige Ermüdung. Wenn man jahrelang auf höchsten NIveau diesen komplexen Sport betreibt, und am Ende eines anstrengenden Turniers zwar die Oscar umarmen darf, aber sonst in gähnende Gesichter blickt, dann kommt einfach irgendwann der Zeitpunkt, an dem du dich fragst: Kannst du dich hierfür noch motivieren? Ist dein Ehrgeiz noch groß genug? Und wem beweist du hier eigentlich was? Nach Rücksprache mit Olli (Kahn, die Red.) habe ich mich dann zu diesem Schritt entschlossen.

"Gähnende Gesichter"

Erinnern Sie sich überhaupt noch an Ihren schönsten Diäsch-Moment?
   Puh. da gibt es viele und eine Reihenfolge fällt mir schwer. Natürlich der Olympia-Sieg 2008, weil ich so lange darauf warten musste und das Endspiel gut besucht war. Dazu der erste Weltmeistertitel. Dann gibt es aber auch noch ganz viele Kleinigkeiten, z.B. dieser Kopfball an die Kante im Halbfinale 2001 gegen Helge unter den ,Ralle ist alle' Rufen der gesamten Zuschauerschaft.

Wie fühlt es sich denn an, sagenhafte fünf Mal hintereinander Weltmeister zu werden, dazu noch fast immer ungefährdet?
   Das ist schon was ganz Besonderes, schließlich wird man jetzt in einem Atemzug mit Sportsgrößen wie Phil Taylor (Darts), David Fagan (Schaf scheren) und Alan Scotthorne (Angeln)  genannt. Zudem nervt mich der Michi (Schumacher, die Red.) nicht mehr mit seinem Rekord. Leider warte ich im Gegensatz zu ihm noch immer auf das Glückwunschtelegramm der Bundesregierung.

Weltmeister 2006
Weltmeister 2007
   












Weltmeister 2008
Weltmeister 2009
 Geben Sie uns doch mal eine kleine Nachhilfestunde in Diäschgeschichte: Wie kam es Ihrer Meinung dazu, dass Sie den Sport ab 2006 dermaßen beherrschen konnten? So etwas hatte es ja vorher nie gegeben...
   Das eigentliche Geheimnis beim Diäsch besteht darin, mental fit zu sein. Für mich ist Diäsch ein Denk- und Konzentrationssport. Man darf sich immer nur auf den nächsten Punkt konzentrieren, dass hat mir Boris (Becker, die Red.) damals beigebracht. So wird das Spiel spielstandsunabhängig. Zudem muss man ständig auf der Suche nach des Gegners Schwächen sein. Der Eine mag keine Angaben auf die Vorhandseite, der  Andere neigt dazu lange Angaben immer lang zu retournieren. Diese Informationen habe ich über all die Jahre gesammelt und in meinem roten Buch des Diäsch vermerkt. Und in engen oder wichtigen Momenten habe ich mich an diese Vorgaben gehalten.

"Jahrelang Informationen in meinem roten Buch gesammelt"

Dabei galten Sie 2004, als Bodien olympisches Gold holte, noch als abgemeldet. Verbraucht. Abgespielt. „Ralle ist alle“ hieß es damals – zurecht...
Tiefpunkt Olympia 2004
    Der immer wiederkehrende Erfolg in den Jahren vor 2004 hat mich zu der falschen Annahme geleitet, dass ich an meinem Spiel nichts mehr verändern muss, so hielt ich es lange Zeit nicht für nötig  den Sidekick in mein Repertoire aufzunehmen. Dabei habe ich einige Diäschentwicklungen verschlafen und erst die enttäuschende Olympiade 2004 hat mich auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht.

Und noch ein Tipp: Was können Diäscher tun, die sich in einem ähnlichen Tief befinden?
   Das was ich auch getan habe: nach 2004 habe ich angefangen regelmäßig auf hohem Niveau zu trainieren. In den Sessions mit Helge, dem ich an dieser Stelle nochmal ausdrücklich danken möchte, hatte ich Gelegenheit mein eigenes Spiel zu verbessern, meine Schwächen zu analysieren und diese gezielt abzustellen.

"Regelmäßig auf hohem Niveau trainieren"

Sind Sie der mental stärkste Prelker? Und woher nehmen Sie diese Kraft?
   Das möchte ich doch behaupten. Aber natürlich schafft man einen solchen Erfolg nicht alleine. Sie brauchen Freunde, die sie vor dem abheben hindern und eine Frau, die ihnen den Rücken freihält.
Reden wir doch zur Abwechslung mal über... Diäsch. Aber nun über das Spiel an sich, die Technik, die Ballwechsel. Jetzt, wo Sie Ihre aktive Laufbahn beendet haben, können Sie den armen Zurückgebliebenen ja endlich Ihre Tricks verraten – wie also gewinnt man eine WM?
    Wie ich oben bereits sagte: die Kenntnis des gegnerischen Spiels ist enorm wichtig. Ausserdem sollten die Spiele gegen tendenziell schwächere Spieler in der Vorrunde dazu genutzt werden, Sicherheit in den Grundschlägen zu erlangen. Der ganze Firlefanz kommt dann später von alleine.

Gehen wir ans Eingemachte. Ran an die Sachen, die wir Sie vor Ihrem Rücktritt nicht hätten fragen können. Einst, auf dem Zenith Ihrer Kunst, haben Sie der Redaktion von diaesch.de in einem Hintergrundgespräch gesagt, dass es zu viele Spieler gebe, die „das Spiel“ an sich einfach nicht verstehen – und deshalb nie gewinnen werden. Was meinten Sie damit?
   Was ich eben schon andeutete: Hau-Drauf-Diäsch mit allen Körperteilen außer dem Kopf kann punktuell erfolgreich sein, wird aber nicht zu WM-Titeln führen.  Weiterhin habe ich den Eindruck, dass jeder gerne mit den Füßen spielen will, ohne vorher die Grundschläge, die immer noch mit den Händen ausgeführt werden, ausreichend geübt zu haben. Die Kati (Witt, die Red.) hat  auch erst das Eislaufen gelernt, bevor sie den dreifachen Lutz gesprungen ist.
Schmetterstudie 1997
„Humorlos wegschmettern“ zum Beispiel, einer Ihrer Lieblingssprüche – ist es das, was anderen fehlt? Diese Kaltschnäuzigkeit zum Punkten?
Das hat nichts mit Kaltschnäuzigkeit zu tun, sondern nur mit dem genannten: Humorlosigkeit.

 Oder ist es die Vielfalt im Repertoire? Sie beherrschen als einer der wenigen alle Schläge des modernen Diäsch – sind aber trotzdem grundlinienstark.
   Die Grundlinienstärke - ich denke das ist der wichtigste Punkt. Auch Helge schafft es immer wieder auf die vorderen Ränge - aus demselben Grund.  Es gibt in jedem Spiel Momente, an denen du dich entscheiden musst: Entweder schön spielen oder gewinnen. Denn nur ganz selten geht beides.

"Der Fuß wird überschätzt - die Grundlinienstärke ist das Geheimnis"
Zeitlupen beweisen, dass auch Sie, der vermeintliche Fairplay-Ritter des Diäsch, viel führen. Wie wichtig ist das Führen im modernen Diäsch? 
   In der Zeitlupe führt jeder, unterlassen sie also diese rufschädigenden Unterstellungen.
  
Und das Fuß-Spiel, die Sidekicks – überschätzt? 
   Nein, in Bezug auf die Attraktivität des Diäsch. Ja, in Bezug auf den Erfolg.

Trotz allem haben Sie nach 2006 nicht mehr traniniert. Wie kann ein Spieler so dominant sein, ohne jemals zu trainieren? Ist Übung beim Prelken etwa kontraproduktiv?
   Nach der trainingsintensiven Zeit 2005/06 bin ich wieder etwas kürzer getreten, das stimmt. Aber zum Glück war ja auch kein anderer fleißig, ansonsten hätte es niemals zu weiteren Titeln gereicht.

Wie wichtig sind Volleys? Viele spielen überhaupt keine – Ihre hingegen sind tödlich...
   Wie alle anderen Schläge auch, sind gut ausgeführte Volley zum richtigen Zeitpunkt ein wichtiger Baustein in einem Match. Ist übrigens mein Lieblingsschlag.


Eine abschließende Einschätzung zum heutigen Spielstil: Wird heute das beste Diäsch aller Zeiten gespielt – oder würden Sie sich spieltechnisch in die Vergangenheit zurückwünschen, in das Jahr...?
   Der Stil hat sich leider - aber zum Glück für mich - seit 2008  nicht mehr sonderlich verändert. Dieser Stil ist definitiv der Beste bisher dagewesene. Das allgemeine Niveau hat seit 2008 aber etwas abgenommen. Nichtsdestotrotz hätte ich auch Freude an einer WM wie Anfang der 90er. Dann könnte man auch Anton (Smarco, die Red.) wieder spielen sehen.

Nun, das Sie restlos alle Pokale gewonnen haben, sei eine kleine Frage zu Ihrem Diäsch-Sexleben gestattet: Haben Sie die goldene Ehren-Oskar wirklich aus Ihrem Bett verstoßen?
   Wenn du dich den ganzen Tag mit diesem Sport beschäftigst und dem Druck permanent gewachsen sein musst, ist es wichtig  für Orte der Entspannung zu sorgen. Nachdem der Jürgen (Klinsmann, die Red.) bei den Bayern gehen musste, konnten die Münchner mir günstig ein paar Buddhastatuen vermachen. Außerdem war meine Ehefrau eifersüchtig.

 Und ist es wahr, dass es Sie insgeheim schmerzt, noch nie den Publikumspreis, den so genannten „Style Award“ gewonnen zu haben?
   Ja, das ist hart. Und eine weitere Bestätigung meiner Unbeliebtheit innerhalb der Diäsch-Gemeinde. Leider kam ich daher auch nie in den Genuß der übermittelten positiven Auswirkungen auf das Sexualleben.

"Meine Unbeliebtheit in der Diäsch-Szene"

Nobody’s perfect, Schwamm drüber! Übrigens: warum sind Sie so auffällig erfolglos in der Halle? Und erst so spät ein guter Doppel-Spieler geworden? Vielleicht gäbe es ja doch noch Bereiche, in denen Sie an sich arbeiten könnten...
   Das mit der Halle ist mir auch ein ewiges Rätsel. Hier hat auch der Mental-Coach vom Sven (Hannawald, die Red.) nichts geholfen. Beim Doppel arbeite ich an einem ähnlichen Siegeszug wie bei den Einzelweltmeisterschaften.

Aber lassen wir das. Herr Holtkamp. Ralle. Ich darf doch „Ralle“ sagen? So wie Sie Boris, Sven oder Kati sagen... Lassen Sie uns lieber in die Zukunft schauen. Diäsch hat wenig Nachwuchs, und wenn doch, dann ist er sehr, sehr jung. Gleichzeitig fallen Stammspieler aus, weil sie sich aufs Altenteil zurückziehen oder verletzt sind. Wie lange wird es noch Diäsch-Turniere geben?
   Diäsch ist da wie die FDP. Die war auch schon oft tot und taucht dann doch wieder auf. Das kann man gut oder schlecht finden. Nur ändern kann man es nicht.
"Diäsch ist wie die FDP" -
Holtkamp mit Anton Smarco 1998

Nachwuchsproblem, der Ausfall der Website oder die Regeldebatten und „Eklats“ – was hat dem Sport am meisten geschadet?
   Da ist zum einen die Dauerdominanz der Herren Althoff, Poganatz und Holtkamp. Dazu kommt, dass der Sport für Anfänger nicht leicht zu erlernen ist. Daher sehe ich die Schwierigkeiten in der Rekrutierung neuer, motivierter Diäscher. Das größte Problem sind meines Erachtens die fehlenden Trainingsmöglichkeiten mit erfahrenen Spielern. Hier hätte ich selber auch mehr Einsatz zeigen müssen. Aber es muss auch die Frage gestattet sein, ob ein Bundestrainer seinen Wohnort ausserhalb Münsters haben darf. Ich sehe da die Betreuung der Trainingswilligen gefährdet, wenn sie aus der Ferne überhaupt möglich ist. Aber ich kann den Vorstand beruhigen, ich plane keine zweite Karriere auf Funktionärsebene.

"Der Bundestrainer sollte nicht jenseits von Münster leben"
Und was hat dem Sport am meisten genützt in letzter Zeit? Die Medien? Youtube? Olympia 2008?
   Die Zugehörigkeit  zum HSP, da es hier zu einem regelmäßigen Training kam. Auch Olympia 2008 war ein  Erfolg. Das viele Anfänger und Wenigspieler nicht wieder erschienen sind, hat eben an den fehlenden Trainingsmöglichkeiten gelegen. Hier haben wir eine Chance verpasst.

Kurzes Jugendtraining bei der Sportshow 2008 in Münster
Ein abschließender Blick in die nahe Zukunft: 2012 wird wieder olympisches Jahr. Werden Sie da widerstehen können, und tatsächlich nicht antreten?
Das wird mir sicherlich schwer fallen.


Herr Holtkamp, Ralle, oh Cäsar des Diäsch! Wir danken für dieses ausführliche und wirklich aufschlussreiche Gespräch, und wünschen uns, Sie bald wieder an der Platte zu sehen!